Koerber, BernhardBrichzin, PeterPuhlmann, Hermann2017-12-052017-12-052014https://dl.gi.de/handle/20.500.12116/8421Unter Neurobiologen und Hirnphysiologen ist es eine gesicherte Erkenntnis: Wer zu sehr darauf konzentriert ist, ein bestimmtes Problem zu lösen, 'engt das Hirn ein, statt es zu öffnen', betont der Hirnforscher Gerald Hüther, denn 'unter Druck schalten wir zurück auf Einfachheit, verfallen in alte Muster'. Dies gilt es zu bedenken, wenn im Unterricht speziell im Informatikunterricht die Problemlösungskompetenz von Schülerinnen und Schülern gebildet und gefördert werden soll. Insbesondere Aufgaben spielen im Unterricht eine bedeutende Rolle, die aktuell vor allem mit Bildungsstandards verknüpft ist. Einerseits sollen Aufgabenstellungen wichtige Rückmeldungen über den Erfolg bzw. Misserfolg eines Lehrund Lernprozesses geben, andererseits sollen sie aber auch motivieren, sich mit einem Thema oder mit bestimmten Arbeitstechniken auseinanderzusetzen. Gerade wer mit Freude, Interesse und Neugier an eine Aufgabe herangeht, wird am meisten davon profitieren. Das bedeutet aber auch, dass Lehrende für ihren Unterricht Aufgaben vorbereiten sollten, die genau diese vielfältigen Aspekte berücksichtigen. Einer solchen 'Aufgabenkultur' ist die vorliegende Ausgabe von LOG IN gewidmet. In der Tat ist das Aufgabenstellen inzwischen eine Kultur geworden. Bekanntlich stammt der Begriff Kultur aus dem Lateinischen: cultura bedeutet 'Bearbeitung, Pflege, Ackerbau' bzw. colere 'pflegen, urbar machen, ausbilden, verehren'. Im weitesten Sinne wird unter Kultur alles das verstanden, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt, im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur. Die Bandbreite der Bedeutung des Begriffs ist allerdings sehr umfassend: Sie reicht von einer beschreibenden Verwendung (z. B. 'Die Kultur jener Zeit.') bis zu einer vorschreibenden, d. h. normativen, wenn mit letzterer Bedeutung zu erfüllende Ansprüche verbunden werden. In diesem letztgenannten Sinn ist auch Aufgabenkultur gemeint. Im Rahmen der Aufgabenkultur wird der Frage nachgegangen, welche Aufgaben wann und wie im Unterricht eingesetzt werden. 'Eine nachhaltige Aufgabenkultur ist nur dann gewährleistet, wenn Aufgaben nicht lediglich ein kurzfristiges Ziel vorgeben, sondern in ein Curriculum zum Aufbau fachlicher Kompetenzen eingebunden sind', meint beispielsweise Josef Leisen, der als Honorarprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz für die Physik-Didaktik zuständig ist und das Staatliche Studienseminar für das Lehramt in Koblenz leitet. Nachdem die Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule im Jahr 2008 veröffentlicht worden waren (vgl. LOG IN Nr. 150/151), stellte sich umso eindringlicher die Frage, mit welchen, das Lernen fördernden Handlungen die hier geforderten Kompetenzen bei den Schülerinnen und Schülern herausgebildet werden können. In anderen Unterrichtsfächern wurden zur Aufgabenkultur besondere Fördermaßnahmen initiiert, z. B. im Mathematikunterricht die SINUSInitiative. Die für den Informatikunterricht zuständigen Kolleginnen und Kollegen waren allerdings wieder einmal auf sich selbst gestellt. Deshalb entstand während der Fachdidaktischen Gespräche zum Informatikunterricht in Königstein, die jedes Jahr von der TU Dresden ausgerichtet werden, eine Arbeitsgruppe mit dem Ziel, Aufgaben für völlig unterschiedliche Zwecke zu entwickeln. Die Arbeit dazu führte zu einer Diskussion der Aufgabenkultur, die gleichermaßen von Aufgaben fürs Lernen bis zu Aufgaben fürs Leisten, d. h. für Prüfungszwecke reichte. Ein wesentlicher Schritt war dabei das Erarbeiten von Leitfragen zur Aufgabenentwicklung, mit denen zugleich Qualitätskriterien für Aufgaben im Informatikunterricht formuliert werden konnten. Diese Leitfragen werden hier auf Seite 31 wiedergegeben und zur Diskussion gestellt. Sie bilden sozusagen den Kern der Unterrichtsvorschläge, die in allen anderen Beiträgen dieses Hefts vorgelegt werden. Damit ist auch der Versuch verbunden, den Anstoß für einen Informatikunterricht zu geben, der in den Grundsätzen und Standards für die Informatik in der Schule noch als Vision formuliert worden ist: 'Die Vision ist, dass informatisch gebildete Menschen alle informatischen Probleme, die ihnen in ihrem Leben begegnen werden, mit Selbstvertrauen anpacken und selbstständig allein oder im Team bewältigen können. Und die Lehrenden helfen den Lernenden dabei, ihre Kompetenz zum Lösen solcher Probleme einzusetzen, zu vertiefen und auszubauen.' Und weiter heißt es dort: 'Ein Informatikunterricht, der dies leistet, ist ohne Zweifel sehr anspruchsvoll, doch er darf keine Vision bleiben. Denn alle Schülerinnen und Schüler verdienen die beste Bildung, die eine Gesellschaft bieten kann, den besten Unterricht, den Lehrerinnen und Lehrer erbringen können, und die besten Startchancen für ihr künftiges Leben.' Eine Fülle von Anregungen dazu ist im vorliegenden Heft zu finden. Peter Brichzin Bernhard Koerber Hermann PuhlmanndeProblemlösungskompetenzText/Journal Article10.1007/s40569-014-0001-90720-8642